Ursachen des Lehrerinnen und Lehrermangels

Zu wenig Lehrerinnen und Lehrer für die Kinder: Dies wird uns auch künftig herausfordern. Das Problem ist lösbar.

Im Zürcher Kantonsrat wurde am 7. März 2022 eine Interpellation dazu besprochen. Der Text entspricht meinem Votum im Rat.

Zwei Bemerkungen:

  1. Es gibt bei der Attraktivität des Lehrberufes seit jeher eine Wellenbewegung. Läuft die Wirtschaft gut, gibt es zu wenig Studierende an Pädagogischen Hochschulen und Lehrpersonen wechseln den Beruf. Läuft es der Wirtschaft nicht so gut, ist das Gegenteil der Fall. Dieses Wissen nimmt ein wenig Dramatik aus der Situation.
    Zur Zeit allerdings ist der Lehrpersonenmangel nicht nur konjunkturell bedingt, sondern auch dem Bevölkerungswachstum geschuldet, dafür beschäftigen wir zunehmend Lehrpersonen aus dem Nachbarland und anderen Kantonen.
  2. Die Ausbildung zur Lehrperson an der PHZH ist attraktiv und anspruchsvoll. Studierende werden gut auf den Beruf vorbereitet, wohl in keinem anderen Studium erfolgt die Ausbildung in Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen derart fundiert. Die Pädagogische Hochschule Zürich ist aus den Anfangsschwierigkeiten, welche sie die ersten 15 Jahre begleitete, entwachsen und entwickelt sich weiter. Da liegt das Problem nicht begraben.

Was müssen wir also tun, um trotz diesen guten Voraussetzungen genügend Lehrpersonen zu finden? Die Bildungsdirektion schlägt in der Interpellation eine Erhöhung des durchschnittlichen Beschäftigungsgrades der Lehrpersonen um 4% vor. Welche einfache Idee! Wird damit der Beruf attraktiver? Der tiefe Beschäftigungsgrad hat Ursachen:

Da wäre einmal, dass Lehrpersonen im Gegensatz zur Zeit vor 20 Jahren für weniger Fächer ausgebildet werden und deshalb auch weniger einsetzbar sind. Das Schlüssel-Schloss-Prinzip von offenen Lektionen an einer Schule und dem, was vorhandene Lehrpersonen mitbringen, lässt oft gar keinen höheren Beschäftigungsgrad zu, sofern man für ein Fach ausgebildete Lehrkräfte möchte. Und glauben sie mir: Man merkt einen Unterschied in der Unterrichtsqualität bei fehlender Ausbildung. Mit mehr Aufwand werden weniger gute Lektionen produziert. Das merken auch die Lehrpersonen, die sich deshalb nicht um fremde Fächer reissen.

Da wäre als nächstes der Berufsauftrag, der für akademisch ausgebildeten Lehrpersonen haufenweise Sekretariatsarbeit enthält. Elternbriefe, Lagerhausreseervationen und Schulreiseabrechnungen, Material- und Lehrmitteleinkauf, ICT, Vorbereitungen in Schullabors: Sehr geehrte Frau Bildungsdirektorin: Sie kriegen ohne eine Erhöung des Beschäftigungsgrades der Lehrpersonen locker 4 Prozent mehr Unterricht, wenn sie Lehrerinnen und Lehrer per Berufsauftrag von Sekretariatsarbeiten entlasten würden.

Wir warten hier auf den längst fälligen Bericht zur Evaluation des neuen Berufsauftrages.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Kindergartenstufe sagen: Wenn es dort an Lehrkräften mangelt, dann deshalb, weil man dazu heute eine Lehrerausbildung benötigt und sonst zur «Kindergartenlehrperson 2. Klasse» wird:
Wir haben in der Abstimmung zur Prima-Initiative die Grundstufe abgelehnt. Die erste Version des Volksschulgesetzes scheiterte, weil die Bevölkerung im Kanton Zürich den Kindergarten nicht verschulen will. Und dennoch gilt es heute nicht als Norm, zum Beispiel als Fachfrau Betreuung in einer Kinderkrippe oder mit Fachmittelschule, oder aus einer anderen Berufslehre heraus, ohne Matura Kindergartenlehrperson zu werden.
Ich nehme immer anfangs der ersten Sek die Berufswünsche der Schülerinnen und Schüler auf: Kindergartenlehrperson gehört regelmässig dazu. Auch bei Jungs und Mädchen, die nicht an ein Gymnasium wollen. Und die eine sehr hohe Sozialkompetenz haben.
Ausgerechnet letzte Woche hat uns stattdessen die Bildungsdirektion mit einer Vorlage bedient, welche Kindergarten-Lehrpersonen definitv mit Primarlehrpersonen gleichsetzt, den separaten Studiengang an der Pädagogischen Hochschule abschafft. Ja meinen Sie denn, Frau Bildungsdirektorin, mit einer Reduktion der in Frage kommenden Interessentinnen und Interessenten nähme die Anzahl der Kindergarten-Lehrpersonen zu?
Erst Recht, wenn dann die Ausgebildeten gerade so gut an Primarklassen arbeiten können?
Klüger wäre es, endlich den Unterschied zur Primarschule zu leben. Auch in der Ausbildung.

Damit schliesse ich. Wir sind weder mit der Interpellation noch mit den Antworten zufrieden und gespannt, wie die Diskussion weitergeht.

Sendepause im Schulzimmer? Wenn die Schülerzahl schneller wächst als Lehrpersonen zur Verfügung stehen?