Systemfehler der integrativen Förderung

Die grundsätzliche Integration von lernbehinderten oder verhaltensaufälligen Kindern in Regelklassen muss überdacht werden: Oft wäre eine Kleinklasse die bessere Lösung.

Kantonsratsdebatte vom 7. März 2022

Es fehlen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. Mit einer Härtefallregelung (Postulat 85/2017 ) wollte eine Kantonsratsmehrheit vor fünf Jahren erreichen, dass nicht heilpädagogisch ausgebildete Lehrkräfte länger als drei Jahre als Heilpädagogin oder Heilpädagoge arbeiten dürfen. Die SVP war schon damals gegen diese Forderung und im Bericht zum Postulat (Vorlage 5722) zeigt – wie erwartet kurz und bündig – auch die Bildungsdirektion, dass die Forderung in Leere zielt: Wer nämlich nach drei Jahren mit der Ausbildung in Heilpädagogik beginnt, der darf und durfte bereits weiterarbeiten, wenn die Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist.

Die Forderung der Postulantinnen und Postulanten, den Personalmangel mit Unausgebildeten zu verdecken, war lediglich ein «Pflästerli», um eine seit dem neuen Volksschulgesetz blutende Wunde abzudecken, nämlich das gescheiterte System der Integration als Ganzes: Die Idee, dass man einen Fisch fliegen lernen kann, indem man ihn in einen Vogelschwarm integriert und umgekehrt. Es wäre viel klüger, man würde ganz offiziell sehr schwer integrierbare Kinder in Kleinklassen unterrichten.

Derart um anspruchsvolle Fälle erleichterte Regelklassen benötigen dann weniger Klassenassistenzen und keine heilpädagogische Unterstützung mehr, erreichen im durchschnitt höhere fachliche Leistungen, und die Kinder, die wirklich eine Förderung benötigen, haben in den Kleinklassen Erfolgserlebnisse, die ihnen in Regelklassen immer verwehrt bleiben. Sie gehören dann nicht mehr nur sozial zum Schwarm sondern finden in diesem vor allem auch Anerkennung mit ihren schulischen Leistungen.

Weil das so ist, leben viele Schulen intern die Separation in der Integration: Heilpädagoginnen und Heilpädagogen arbeiten in Förderzentren, die betroffenen Kinder sind in Mathematik und Sprachen separiert und gar nicht in ihren Klassen (wie es einst die Idee der Integrations-Erfinder war). Doch in den anderen Fächern – da ist die Klassen- oder Fachlehrperson alleine, Natur und Technik, Geografie, Geschichte sind ja offenbar auch nicht so wichtig. Das war ironisch.

Es wäre, damit die Integration wirklich funktioniert, alle Kinder in allen Fächern auf ihre Rechnung kommen, unglaublich viel mehr ausgebildetes heilpädagogisches Fachpersonal notwendig, das ist weder in der Ausbildung noch für die Schulgemeinden finanziell leistbar.

Würden wir zum System der Kleinklassen zurückkehren, hätten wir per sofort mehr Wirkung. Dann wäre vor Jahren die Bildungsdirektion auch nicht mit einem überflüssigen Kurzbericht beauftragt worden.

Die SVP ist, wie alle anderen Parteien nun auch, für die Abschreibung der Forderung. Doch die Diskussion geht weiter.