Geht nicht: Freie Wahl der Volksschule

Die freie Wahl der Primar- und Sekundarschule widerspricht der demokratischen und föderalistischen Organisation der Volksschule in Gemeinden: Föderalismus und Demokratie sind jedoch gerade dort, wo es um die Erziehung und Bildung künftiger Entscheidungsträger geht, besonders wichtig. Es sprechen aber noch andere Argumente gegen die freie Schulwahl. Am 4. April 2011 waren sie Thema im Kantonsrat, in welchem die FDP die freie Schulwahl auf der Sekundarstufe forderte.

1.     Mehr Wettbewerb führt bei Schulen nicht zu mehr Qualität, sondern zur vermehrten Tätigkeit zu Gunsten unwesentlicher Dinge, wie z.B. Repräsentation der Schule, Elternpartizipation, Schülerparlamente, Projektwochen, möglichst farbig, gross, vielfältig. Diese sind von Aussen wahrnehmbar, und stärken eine Schule im Wettbewerb unserer Spassgesellschaft. Schul- im Sinne von Bildungsqualität hat hingegen mit Leistungen zu tun, welche die Schüler erzielen, dem Grad der Vorbereitung für die abnehmenden Schulstufen/Berufslehren und damit, ob die Jugendlichen ihr Leben als Persönlichkeiten meistern lernen, in der Pubertät „auf die Bahn kommen“. Die freie Schulwahl führt damit zum Wettbewerb um die Zufriedenheit der Eltern (Weg des geringsten Widerstandes), statt um die eigentliche Bildungsqualität.

2.     Die Leistungen, welche Schülerinnen und Schüler in einer Schule erzielen, hängen von vielen nicht von der Schule beeinflussbaren Faktoren ab. Elternhaus und damit sozioökonomisches Umfeld der Schule, Gruppendynamiken unter Jugendlichen (und Eltern), Vorwissen der Schülerinnen und Schüler und Interesse, Homogenität der Klasse, etc. Es gibt somit Schulen, die öfter schlechtere Karten haben werden. Somit ist bei der freien Schulwahl der Missmatch von Angebot und Nachfrage vorprogrammiert.

3.     Um bei einer freien Schulwahl das linke Postulat der Chancengleichheit zu erfüllen, müsste der Staat die Transportkosten der Kinder in die Schulgemeinde ihrer Wahl übernehmen. Dies wiederum hätte bald die Bildung von Eliteschulen einerseits und Ghetto-Schulen andererseits zur Folge.

4.     Die freie Schulwahl bedeutet, dass die Bürger einer Schulgemeinde nicht mehr an die Leistung dieser Gemeinde gebunden sind. Dies führt zu negativen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Gemeindeautonomie (die Mittelschulen, denen die Sekundarschulen gemäss einer Forderung der FDP gleichgestellt werden sollen, sind eben dem Kanton unterstellt) und der Verankerung/Integriertheit der Schule in den Gemeinden. Es wäre klüger, die Bürgerinnen und Bürger nähmen via Schulgemeinde Einfluss auf ihre Schule. Ein SVP-Postulat für mehr Kompetenzen der Schulgemeinde wurde im Kantonsrat nicht überwiesen, auch dank den Kreisen, die nun die freie Schulwahl fordern (Kompetenz zur Organisation der Oberstufe an die Gemeinde, statt nur die Behörde).

5.     Organisationsaufwand der Schulgemeinden steigt. Einerseits müssen diese die Schulpflicht der Kinder ihrer Bürger überprüfen, andererseits für mögliche Kinder aus anderen Gemeinden (= wenig planbare Schwankungen in der Schülerzahl) Infrastruktur bereit stellen.

Fazit: Die freie Schulwahl führt zu Organisationsaufwand (Kosten), zu Problemen betreffend der Stellung der Schulgemeinden, Abnahme der Gemeindeautonomie und bringt letztlich keine Verbesserung des Bildungsniveaus.