Zwang schadet Lehrstellenmarkt

Es gibt Betriebe, die lieber in einen Fonds einzahlen, statt selber Lehrlinge ausbilden. Und es gibt Berufe, in denen trotz intensiver Suche zu wenig Nachwuchs ausgebildet werden kann – solche Betriebe müssen auch einzahlen und sind doppelt gestraft. Auch Bauernfamilien, die einen landwirtschaftlichen Angestellten beschäftigen, aber deren Hof kein Lehrbetrieb ist, zahlen künftig in den Fonds ein, selbst diejenigen Landwirte, bei denen immer wieder Jugendliche mit Schulschwierigkeiten ein Praktikum absolvieren dürfen. Und dann gibt es Betriebe, die einfach zu klein sind, die nur knapp existieren, die sich aus personellen oder finanziellen Gründen schlicht nicht der Ausbildung von Jugendlichen widmen können. Immerhin schaffen sie Arbeitsplätze.

Das Geld, das diese Betriebe in den Berufsbildungsfonds zahlen, fliesst in staatliche Bürokratie, bis 20 Millionen Franken jährlich. Damit überprüft der Kanton 70’000 Betriebe regelmässig: Wird wirklich genau 1 Promille der Lohnsumme bezahlt? Stimmt die deklarierte Anzahl Lehrlinge auch wirklich? Arbeitet auf diesem Hof nicht doch ein landwirtschaftlicher Angestellter? Bezahlt der Betrieb bereits Beiträge in einen freiwilligen Berufsbildungsfonds seines Branchenverbandes? Falls dieses “Beitragserheben“ und der Kontrollapparat noch einen Rest übrig lassen, entscheidet eine neunköpfige Kommission (mit Sitzungsgeld) über dessen Verwendung zu Gunsten derjenigen, die schon Lehrstellen anbieten. Das ist gerecht: Die einen bestrafen (auch wenn sie nichts dafür können), die anderen belohnen. Aber eine Lehrstelle geschaffen wird deswegen noch keine einzige.

Schlimmer noch: Der Berufsbildungsfonds lähmt die Eigenverantwortung. Naturgemäss hat jeder Berufsstand Eigeninteresse und Stolz, genügend gute Nachfolger auszubilden, soviel wie es zum Fortbeststand der Betriebe und zum Erhalt der Qualität braucht. Ein Zuviel an Lehrlingen verschiebt die Arbeitslosigkeit ins Erwachsenenalter. Trittbrettfahrer-Betriebe, die von Ausbildungsleistungen der Lehrbetriebe profitieren, zahlen bereits in den Fonds ihrer Verbände; die meisten haben einen solchen eingerichtet. Ein Flächen deckender Fonds für die übrigen entlässt diese aus der Verantwortung, selber etwas zu tun.

2000 Lehrbetriebe im Kanton Zürich haben eine Ausbildungsbewilligung und bieten keine Lehrstellen an. Sie werden durch die neue Zwangsabgabe nicht motiviert. Was sie brauchen sind erzogene, lehrfähige Schulabgängerinnen und Schulabgänger, solche, die die Lehre durchziehen, und Ausbildungsgänge, welche eine seriöse Mitarbeit im Lehrbetrieb ermöglichen, mit vernünftigem Aufwand erfüllbare Ausbildungsvorgaben. Dies alles wäre unbezahlbar, 1 Promille der Lohnsumme oft hingegen schon.