Obli ans Untergymi!

Sollen die Hauswirtschaftskurse in den Gymnasien („Obli“) bereits im Untergymi stattfinden? Am 2. Juli fand darüber eine erste Debatte im Kantonsrat statt. Folgende Gründe sprechen dafür:

  • Die Gymnasiasten, die nach der zweiten oder dritten Sekundarklasse ins Gymnasium übertreten, also älter sind als 13 bis 15 Jahren, haben bereits in der Volksschule diejenige Hauswirtschaftsausbildung genossen, welche alle anderen Jugendlichen auch erhalten haben, die nicht an eine Mittelschule gehen. Weshalb sollen ausgerechnet Gymnasiasten mehr hauwirtschaftliche Ausbildung erhalten als Berufsschülerinnen und Berufsschüler? Noch weiter: Weshalb sollen ausgerechnet diejenigen Gymnasiasten, die in der Sekundarstufe der Volksschule schon ein wenig “geerdet“ worden sind, mehr Hauswirtschaft haben, als die anderen Gymnasiasten, die im Langzeitgymnasium kopflastig seit der Primarstufe durchmarschiert sind?
    Dies sind Ungerechtigkeiten, die mit einer Vorverlegung der Hauswirtschaftskurse behoben werden. Als die Hauswirtschaftskurse erfunden wurden, für das Gymnasium, hatten die Sekundarschüler noch keinen Hauwirtschaftunterricht. Das hat schon lange geändert, aber die Kurse blieben unverändert bestehen. Mit der Vorverlegung Hauswirtschaftskurse passen wir eine Institution der Zeit an.
  • Die Ausbildungszeit in den Gymnasien wurden seit damals um ein halbes Jahr gekürzt. Auf vier Jahre beim Kurzgymnasium oder auf sechs Jahre beim Langgymnasium. Neu finden die Maturitätsprüfungen – auch dank dem Kantonsrat – vor den Sommerferien statt, das entspricht einer weiteren Verkürzung der Mittelschulzeit um sechs Wochen. Die fachliche Qualität der Mittelschulen war noch vor nicht langer Zeit Thema im Kantonsrat. Es ist logisch und einfach: Je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto höher das Niveau der Maturanden. Je weniger Zeit, desto tiefer das Niveau.
    Angesichts dieser Tatsache, lässt sich die Brief- und Lobbyingflut, die alle Kantonsräte in den letzten Wochen von den Hauswirtschaftslehrerinnen erhalten haben, auch so interpretieren: Obwohl die Mittelschulzeit verkürzt wurde, sind offenbar die Hauswirtschaftskurse und ihre Lehrpersonen nicht bereit, ihren Teil zu Gunsten der Qualität der gesamten Mittelschulen beizutragen. Ich bezeichne dies als Abzockerei: Einige Hauswirtschafts-Lehrpersonen retten hier zu Ungunsten Aller Stellenprozente. Und ganz besonders bedenklich ist, dass sogar während den Hauswirtschaftskursen Projekte für dieses egoistische Lobbying entstanden, zum Beispiel der Film aus Weesen, den die Kantonsräte per Email erhalten haben.
  • In diesem Zusammenhang übrigens: Film – also Medienkompetenz, Projektunterricht, Staatskunde und Budgetplanung: Als kämen diese Inhalte nicht sowieso in der Mittelschule und erst recht vorher in der Sekundarstufe vor. Man erhält deutlich einen Eindruck davon, wie wenig die Curriculum der verschiedenen Schulen und der Hauswirtschaftskurse aufeinander abgestimmt sind.
  • Die Schulleiterkonferenz der Mittelschulen unterstützt die Vorverlegung der Hauswirtschaftskurse in das Progymnasium. Die meisten Gymnasiallehrpersonen, mit denen ich sprechen konnte, ebenfalls.

Zum Schluss noch zu den Argumenten der Hauswirtschaftslehrpersonen. Diese übrigens haben einen Traumjob: Mit 27 Kurswochen jährlich, in denen sie neun Mal den gleichen Kurs mit fast erwachsenen Jugendlichen durchführen, werden sie für ein volles Unterrichtspensum entlöhnt.

Die Hauswirtschaftslehrerinnen klagen, dass sie mit 13 bis 15 jährigen Jugendlichen nicht mehr gut und nachhaltig unterrichten könnten und diese im Seminar mehr betreuen müssten. Aber: Erstens sind auch Hauswirtschaftslehrpersonen vom Staat dafür ausgebildet worden, um 13- bis 15-Jährige zu lehren. Zweitens gehören die Aufgaben, über die sich diese Lehrpersonen beklagen, zum Alltag von Lehrpersonen, gerade in Klassenlagern und Arbeitswochen, wie sie in der Sekundarschule durchgeführt werden. Auch die Gymnasien machen gute Erfahrungen mit Projektwochen im Untergymnasium.

Statt zu jammern sollten die Hauswirtschaftslehrpersonen den jungen Gymnasiasten Sozialkompetenz lernen, wie sie sie sonst nur in der Sekundarschule erhalten würden, in die sie ja nicht gehen.

Ein Hauswirtschaftskurs sein kein Klassenlager, sagten mir diese Lehrpersonen. Als ob ein Klassenlager der Sekundarschule Ferien wäre und die Kinder nicht auch lernen und arbeiten müssten. In vielen Klassenlagern wird sogar in Schülergruppen selber geplant, eingekauft und gekocht!