Eine Armee, die nicht kämpfen kann, ist überflüssig.

Zum Artikel „Das Schwarzbuch der Gruppe Giardino: Die bittere Wahrheit“ von Oberst i Gst Franz Betschon, ASMZ 07/2011  Link zum Artikel bei der ASMZ

Franz Betschon benennt die Grundproblematik klar: „Eine Armee, die nicht kämpfen kann, ist überflüssig“. Alles andere könnten unbewaffnete Formationen besser. Mit Ausnahme die Fähigkeit zu „sichern“ – aber dies kann, wer kämpfen kann, auch. Also ist das Selbstverständnis einer Armee die Fähigkeit zum Kampf. Der Wohlstand – im letzten Abschnitt seines Textes kommt Betschon darauf zu sprechen – bewirkt, dass die allermeisten Menschen in der Schweiz nicht mehr an Kampf glauben. Wer es trotzdem tut und den Kampf trainiert, unter den Kadern in der Wirtschaft, hat zunehmend Seltenheitswert. Der „Kämpfer“ fehlt mehr am Arbeitsplatz (vier Wochen im Jahr) – seine „zivilen“ Karrierekonkurrenten fehlen nicht. Folge: Die Sexiness des Offiziersseins nimmt ab. Kader wird die zweite Garde. Oder immer weniger wirklich Überzeugte (gibt es nicht immer wieder Probleme, die Stäbe zu besetzen? Sind nicht viele Kommandos deshalb von Berufsoffizieren besetzt, weil es diese in ihrer Karriere weiterbringt?) Damit ist das Schicksal der Milizarmee besiegelt. Und jedes Nachgeben diesem gesellschaftlichen Trend macht das Siegel stärker.

Umkehr gibt’s nur mit der strickt durchgesetzten Wehrpflicht. Es gibt Aufgaben für junge Männer, die heute als „dienstuntauglich“ gelten. Und wer gut ist, m u s s weitermachen m ü s s e n. Armeekader sind jene Leute, die auch zivil Vorbilder sind. Armee und zivil müssen sich in der Schweizer Gesellschaft durchwachsen, wie ein Gewebe, personell, materiell, lokal. Es muss normal sein, manchmal einen Keller, einen Raum in einer Industrie etc. für eine Übung zur Verfügung zu stellen. Es muss normal sein, dass die meisten zwischen 20 und 40 drei bis vier Wochen im Jahr am Arbeitsplatz und in der Familie fehlen. Weg vom Arbeitsplatz, weg von der jungen Familie: Diese Opfer möchte niemand bringen, ohne greifbaren Nutzen. Und ist Kampfbereitschaft in unserem Wohlstand ein solch greifbarer Nutzen? Voilà, das Grundproblem.

Kampfbereitschaft als Ausbildungsziel. Wenn unser Wohlstand oder der Wohlstand um die Schweiz herum abnimmt, wenn einen hohen Prozentsatz an Menschen in Europa um die tägliche physische Existenz (Nahrung, Wasser, Schlafplatz) fürchten oder um die Existenz der Angehörigen, wenn die Schrecken vergangener Kriege in zwei bis drei Generationen vollends weit entfernt liegen, dann, dann werden ist es nicht mehr weit, bis zum Moment, wo nur noch sicher ist, wer kämpfen kann. Zum Beispiel als Schutz vor gefährlichen Massenbewegungen in Nachbargesellschaften,  als Schutz vor dem Recht des stärksten Gangsters in Anarchie und Chaos, als Sicherung des Territoriums Schweiz. Paradox: Am wenigsten wird diese Schreckenszukunft dann eintreffen, wenn sich die Gesellschaft der Gefahr eines Krieges bewusst ist. Und wer hält dieses Bewusstsein aufrecht: Die Milizarmee mit ihrer Dienstpflicht. Und zwar zum Beispiel in dem Moment, in dem der Dreikäsehoch zu Hause sieht, wie der Papi das Militärzeugs packt und ihn dann drei Wochen vermisst. Giardino braucht mehr Mitglieder.

One comment to “Eine Armee, die nicht kämpfen kann, ist überflüssig.”
  1. Ich sehe was dich an diesem Thema stört und teile deine Meinung, dass die Schweiz nicht weiter eine „Abschwächung“ des Militärs dulden darf. Die Sicherheit ist etwas, dass ich an der Schweiz sehr schätze. Keine grossen politischen Aufstände, kein Bürgerkrieg… eigentlich kann/will ich mir gar nicht vorstellen, wie soetwas wäre. Das Militär sehe ich auch als eine Art soziale Verbindung, die die Gesellschaft in einem Punkt zusammenhalten sollte. Damit diese Verbindung verflochtener werden kann, braucht es eines: Die Dienstpflicht für Frauen. Mit der Dienstpflicht für Männern ist im Moment nur die Hälfte der Gesellschaft einbezogen…

Comments are closed.