Armut folgt dem Tricksen

(Kolumne im Wochenspiegel vom 23. Januar 2013)

Griechenland muss sparen. Viele Menschen reicht der Verdienst kaum zum Leben. Sparbeispiel: Das Budget der Gesundheitsversorgung wurde massiv gekürzt.  Die Arbeitslosigkeit in Griechenland steigt von 9.75% im Jahr 2003 auf prognostizierte 25% im Jahr 2013: Jeder Vierte ist arbeitslos. Auf Strassen wird mit Gewalt protestiert. Und wer verdient, zahlt höhere Steuern.

Das, was der griechische Staat sich leisten muss (Gesundheitsversorgung, Bildung, Polizei) kann er nur bezahlen, weil ihm andere EU Staaten Geld leihen. Das machen diese nur, wenn sich Griechenland anstrengt, die Lage in den Griff zu bekommen, deshalb das rigorose Sparen und die Steuererhöhungen.

Ohne Geld der anderen wäre Griechenland pleite. Wer beitreibt Spitäler, wenn keine Löhne bezahlt werden? Wer vertraut der Polizei, wenn Polizisten auf Trinkgelder angewiesen sind? Wer bezahlt die Fürsorge? Ein Staatsbankrott hat verheerende Auswirkungen, gerade für die Ärmsten.

Die wirtschaftliche Situation in Griechenland ist seit längerem nicht rosig. Die Gesellschaft hat über den tatsächlichen Verhältnissen gelebt, die Regierung nicht reagiert dafür Kennzahlen geschönt. Verglichen mit den drastischen Folgen wären frühe Massnahmen harmlos und müssten von der Politik beschlossen werden. Um so schlimmer, wenn es nicht geschieht. Und damit sind wir beim Kanton Zürich.

Betrachten wir unsere Finanzen genauer: Jahr für Jahr wachsen die Ausgaben des Kantons. Rund 14.2 Milliarden sind für 2013 budgetiert (ohne Einmaleinlage zur Sanierung der BVK, Abstimmung vom 3. März), vier Milliarden mehr als 2003. Das ist ein weit höheres Wachstum als durch den Bevölkerungsanstieg bedingt. Es setzt sich aus kleinen Posten zusammen. 35 neue Sozialarbeiter in der Jugendhilfe, die Fachstellen für Schulbeurteilung und Integration, Männerbeauftragter, neue Buslinien, etwas da, etwas dort – jede Ausgabe scheint sinnvoll – in ihrer Gesamtheit aber hat sich der Kanton Speck angefressen. Ein Sanierungsprogramm zwingt, fit zu bleiben, um unseren Wirtschaftsstandort zu erhalten.

Abstimmung zur Einmaleinlage

Haben wir tatsächlich genug Eigenkapital, um die 1.6 Milliarden für die Sanierung der BVK nicht zu sparen? Oder leben wir damit über den Verhältnissen?

Das Eigenkapital des Kantons Zürich beträgt 2012 stolze 8.2 Milliarden. Deshalb sagt die Regierung und eine Kantonsratsmehrheit, man könne die 1.6 Milliarden damit finanzieren. Diesen Betrag in der laufenden Rechnung zu ersparen sei nicht nötig.

Zur Erinnerung: 2008 wurde die Rechnungslegung des Kantons neu geregelt. Liegenschaften wurden neu bewertet, auch solche, die abgeschrieben waren und unmöglich zu Geld gemacht werden können: Das Ratshaus, Verwaltungsgebäude, Mittelschulen. So wurde das Eigenkapital mit einem Schlag um 6.3 Milliarden höher. Zieht man diese vom Eigenkapital wieder ab, zieht man auch ab, was der Kanton in Fonds hat, zum Beispiel dem Verkehrsfonds, und zweckgebunden ausgeben muss, so bleibt für die BVK nichts mehr übrig. Und tatsächlich: Für die Sanierung der BVK wurde die Verschuldung im Jahr 2011 von 3.6 auf 5.3 Milliarden erhöht. Schulden bewirken Zinsen, bis sie von Kinder und Enkel bezahlt werden. Wie in Griechenland.

Fazit: Wer seinen Nachfahren keine griechische Verhältnisse bescheren will, muss am 3. März Nein einlegen.

Matthias Hauser, Kantonsrat