Editorial Nr. 19 – Hüntwanger Mitteilungen – Engagement, Festhütte & Rücksichtnahme

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner

So wie es in vielen Betrieben ein Weihnachtsessen gibt, so findet in Hüntwangen jeweils Mitte Januar das Gemeindeessen statt. 68 Personen werden eingeladen und ich staune jedes Jahr, welcher bunte Strauss von Tätigkeiten ehrenamtliche und angestellte «Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter» sehr engagiert für unsere Gemeinde erledigen.

Zum Beispiel der Verschönerungsverein, der einen Teil der Waldwägli, Bänkli und Feuerstellen pflegt. Es gibt übrigens einen Ortsplan, auf dem alle verzeichnet sind. Oder der Verein Amphitheater, der für unsere Freilichtbühne in Absprache mit dem Gemeinderat ein Programm zusammenstellt, die Vermietung organsiert, Infrastruktur schafft und pflegt, die Museumskommission, die jedes Jahr mit einer neuen Sonderausstellung überrascht, die Bibliothekskommission, der Waagmeister, die Dorfbrunnenblumenschmückerinnen und -schmücker. Dann die verschiedenen Behörden, der Friedensrichter, die Betreibungsbeamtin, der Förster. Auch auf der direkten Lohnliste stehen viele: Die Verwaltung, Werkmitarbeiter, Hauswarte, Winterdienstmitarbeitenden, Asylbetreuerin, Friedhofgärtnerinnen, Mitarbeitern der Wertstoffsammelstelle: Alle organisieren oder verbessern unser Zusammenleben im Dorf. Herzlichen Dank!

Seit ich in Hüntwangen geboren bin, findet das Turnerchränzli statt, heute alle zwei Jahre, so vergangenen November. Mit viel Einsatz und Witz wird ein turnerisches Unterhaltungsprogamm in der Mehrzweckhalle geboten. Es stehen zum Teil die Kinder jener auf der Bühne, die früher selbst in der Jugend- oder Mädchenriege waren – Väter und Mütter sind im Turnverein oder die etwas Weiseren bereits in der Männer- und Frauenriege, wo auch Grosseltern willkommen sind. Frühere Turnerinnen und Turner trifft man mit Augen voller Erinnerungen im Publikum. Ich sehe, wenn ich dem Programm zuschaue, nicht primär Darbietungen, sondern hinter Menschen, die ich kenne, ein Leben. Die Frage «Wie geht’s?» ist an solchen Abenden immer ehrlich gemeint – auch wenn als Antwort oft nur ein kurzer Smalltalk folgt. Und man hofft ganz fest, das Gegenüber in zwei Jahren wieder anzutreffen, denn wenn man nicht alleine altert, fällt es leichter.  

Diese Gemeinschaft bieten natürlich andere Vereine auch – aber am «Generationenprojekt Turnerchränzli» sieht man es halt schon wunderschön.

Natürlich: Es kann auch zu viel sein. Nicht alle sind «Vereinsmeier» und zu Recht schätzen viele die Privatsphäre. Immer auf Zack im Beruf, erreichbar, im Netz, Konflikte bewältigen: Erholung und «sich nicht ausstellen müssen» sind notwendige Lebensqualitäten. Jede Einwohnerin und jeder Einwohner hat das Recht, den eigenen Mix zwischen «öffentlich» und «zurückgezogen» zu leben. Naturgemäss liegt die Pflicht der Rücksichtnahme bei jenen, die es gerne bunt und laut haben (die anderen sind ja schon in den eigenen vier Wänden) – die Pflicht der Toleranz aber bei jenen, die «Hüntwangen nicht als Festhütte» sehen. Und die Pflicht, nicht über die anderen zu schnöden, liegt bei beiden. Der Gemeinderat versucht mit den Anlassbewilligungen einen gesunden Mittelweg zu gehen, so dass alle ein bisschen auf die Rechnung kommen.

matthias.hauser@huentwangen.ch