Editorial 5 – Hüntwanger Mitteilungen

Oft wird mir gesagt, dass Finanzen «nicht alles bestimmen dürfen». Finanzpolitik schränkt eben ein: Auch in Hüntwangen stehen «finanzielle Gründe» attraktiven Ideen oft im Weg. Deshalb nutze ich das Sommerloch, um über unsere Finanzen zu berichten.

Hüntwangen gehört zu den reichsten Gemeinden im Kanton: Rund 6’600 Franken flüssiges Finanzvermögen pro Einwohner liegt auf Konten oder ist Bauland der Gemeinde, reserviertes Geld (Wasser-, Abwasser-, Abfallwesen) bereits herausgerechnet. Weshalb sind denn finanzielle Gründe ein Hindernis?

Die Kehrseite ist unser jährliches Defizit von mehr als 400 Franken pro Einwohner: Damit gehören wir zu den ärmeren Gemeinden im Kanton. Mit dem heutigen Finanzausgleich würde eine Steuererhöhung von 12 Prozent das Defizit ausgleichen: Wir müssten Ihnen einige 100 Franken mehr abverlangen!  

Zuvor eine Überlegung: Unser Vermögen besteht aus Entgelt für Kies unter Feldwegen und für Einbussen der Lebensqualität durch Schwerverkehr, Staub, Lärm und längere Wege. Die Gemeinde liess sich dieses Entgelt in Tranchen auszahlen, nur in Auszahlungsjahren musste es für die Jahresrechnung verwendet werden. In den übrigen Jahren erhielten wir Finanzausgleich, der früher die Defizite im Nachhinein deckte. Deshalb existiert ein Teil des «Kiesgeldes» noch. Somit bezahlen wir, wenn wir heute ein Jahresdefizit dem Eigenkapital belasten, Gemeindeaufgaben im Prinzip durch Lebensqualitätsminderung und Kiesland. Die Emissionen aus dem Kieswerk erleben Sie, das Land ist weg.  

Doch 2013 wurde das letzte Entgelt für bewilligte Abbaugebiete bezahlt. Darüber, ob und wie viel es für Mehrauffüllungen gibt, liegen die Standpunkte auseinander. Auch ob, wie und wann unser letztes Abbaugebiet Chüesetziwald angepackt wird ist Verhandlungssache. Ein wunderschönes Naherholungsgebiet vergibt man nicht leichtfertig. Wahrscheinlich ist, dass vorläufig kein Kiesgeld fliesst.

Damit reicht bei sparsamem Haushalt unser Vermögen etwa zehn Jahre. Durch geringe Erhöhungen des Steuerfusses lässt sich die Frist nur wenig strecken. Der Gemeinderat verfolgt in dieser Situation mehrere Ziele (Leitbild auf www.huentwangen.ch):

  • Das Vermögen so einsetzen, dass Ertrag das Defizit verkleinert. Finanzierte Vorhaben müssen ordentlich Zinsen bringen, sicher und sinnvoll sein.  
  • Umsichtige Haushaltsführung: Je kleiner das Jahresdefizit, desto länger reicht das Vermögen. Vermeiden von Investitionen mit hohen Folgekosten. 
  • Mit Kiesunternehmen für Mehrauffüllungen und das neue Abbaugebiet finanzielle Vereinbarungen treffen: Fair, transparent und langfristig.  

Die Hoffnung liegt im letzten Punkt: Gelingt uns die Erschliessung neuer Einnahmen, können wir uns mehr leisten und erhalten Zeit, uns so aufzustellen, dass wir Gemeindeaufgaben auch dann bezahlen können, wenn in 40 Jahren wirklich kein Kies mehr da ist, zum Beispiel durch eine langsame Erhöhung der Anzahl Steuerzahler. Finanzpolitik mag zwar in der Gegenwart einschränkend sein. Ihr Hauptanliegen jedoch ist die Ermöglichung der Zukunft.

Ich danke den Organisatoren und Helfern für das schöne Fest zum 1. August! Vereine, in diesem Fall die Armbrustschützen, der Turnverein und der Musikverein Wil, und Einzelpersonen, die sich ehrenamtlich ins Zeug legen, machen unsere Gemeinde lebenswert: Weil man sich so gerne trifft und zusammen ist.