Interview zur Selbstbestimmungsinitiative – Es braucht sie!

Für SVP-Kantonsrat Matthias Hauser verlangt die Selbstbestimmungsinitiative (SBI) nur Selbstverständliches

Schaffhauser-Bock vom 20. November 2018 –  die Fragen stellte Daniel Lehmann.

Die Bundesverfassung steht zuoberst

Im Hinblick auf die Abstimmung vom 25. November 2018 über die Selbstbestimmungsinitiative (SBI) berichtete der BOCK über einen Anlass der SP-unteres Rafzerfeld gegen die Vorlage (Ausgabe vom 6. November 2018). Nachstehend kommt nun Matthias Hauser, SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident von Hüntwangen als Befürworter der Initiative zu Wort.

Herr Hauser, bevor wir auf Details eingehen, warum braucht es diese Initiative (SBI) ?
Die SBI verlangt eigentlich etwas Selbstverständliches, nämlich, dass die vom Volk beschlossene Bundesverfassung durchgesetzt wird. Dazu gehört auch, dass Konsequenzen für unser Land aus dem Völkerrecht mit der Bundesverfassung vereinbar sein müssen. Mit Völkerrecht gemeint sind Verträge, welche die Politik mit anderen Staaten aushandelt, oder internationale Vereinbarungen, denen wir beitreten. Wenn es zu einer Änderung von Verfassung oder von Verträgen kommt, oder wenn Bundesverfassung und ein internationaler Vertrag zu einer unterschiedlichen Rechtsumsetzung führen würden, soll unsere Verfassung vorgehen. Leider gibt heute das Bundesgericht im Einzelfall internationalen Verträgen Vorrang vor unserer Verfassung. So etwa wurde ein krimineller Ausländer deswegen nicht ausgeschafft, obwohl die Bundesverfassung dies vorsieht.

Aber Völkerrecht ist doch eine gute Sache ?
Vieles, zum Beispiel die Menschenrechtskonvention, ist unbestritten. Anderes, ich erinnere an den EWR, hätte unserer Demokratie und der Wirtschaft geschadet. Wenn Völkerrecht betroffen ist von einer Volksabstimmung (z.B. Referendum zu einem Vertrag oder eine Verfassungsänderung), fielen die Volksentscheide bis heute weise und differenziert aus. Aber das sagt nichts darüber aus, ob Völkerrecht gut oder schlecht ist. Ich betrachte etwa das Verteidigungsbündnis der NATO als gute Sache. Ich fände es gleichzeitig schlecht, wenn die Schweiz mitmachen würde, weil wir ein neutrales Land sind.

Ihnen ist der Vorrang der Bundeverfassung sehr wichtig?
Ja, und ich erkläre Ihnen auch warum: Die Schweiz vereinigt verschiedene Kulturen und Minderheiten. Nur eine direkte Demokratie mit viel Mitbestimmung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger hält uns zusammen. Dazu muss man Mitbestimmung als erfahren. Das beginnt in der Gemeinde, wenn nötig im Kanton oder auf Stufe Bund. Dieses System geht kaputt, wenn man von oben fremdes Recht aufpfropft, welches den Entscheid der Betroffenen übersteuert. Deshalb zerstört das angedachte Rahmenabkommen mit der EU die Schweiz und die SBI ist ein Schuss vor den Bug.

Würden bei Annahme der Initiative die Menschenrechte in der Schweiz nicht mehr gelten?
Die Menschenrechte sind in unserer Bundesverfassung festgeschrieben und gelten weiter. Es besteht auch mit angenommener Initiative keine Veranlassung, die Menschenrechtskonvention zu kündigen. Wer eine Menschenrechtsverletzung erfährt, wird dank Bundesverfassung Recht erhalten.

Die schweizerische Wirtschaft sagt, bei Annahme der Initiative sei der Fortbestand wichtiger internationaler Verträge in Gefahr ?
Das ist Angstmacherei. Bereits bestehende Verträge entsprechen unserer Verfassung, sie müssen somit weder geändert noch gekündigt werden. Einzig bei der Personenfreizügigkeit gibt es einen Widerspruch – darüber werden wir abstimmen können. Die Stimmberechtigten insgesamt sind sich bei Abstimmungen der Risiken bewusst und wägen ab. Wir müssen die Entscheidungen deshalb ernst nehmen.

Haben Sie keine Angst, dass die Schweiz sich isoliert ?
Nein, denn gerade Wirtschaftsverträge werden von den jeweiligen Partnern abgeschlossen, weil jeder für sich einen Mehrwert erkennt. Solange die Schweiz ein guter Handelspartner ist, bleiben sie bestehen. Und nur weil wir sagen, dass unsere höchste Rechtsquelle die Verfassung ist, sind wir noch lange nicht unglaubwürdig. Im Gegenteil: Gerade die direkte Demokratie mit ihrer langsamen, aber breit abgestützten Rechtssetzung sorgt für eine Stabilität des Rechtssystems.