Zwangsfrühförderung

Die SP forderte zusammen mit den Grünen, dass der Kanton Zürich die Deutschausbildung in Kindergrippen, Tagesfamilien und Spielgruppen fördert. Nötig hätten die frühe Sprachförderung aber genau jene Kinder, welche in rein fremdsprachigen Migranntenfamilien ohne Sprachkontakt in Krippen und Spielgruppen aufwachsen. Aber die Kinder den Familien wegnehmen, für ein staatliches Angebot bereits in diesem Alter (0 – 4)? Das geht zu weit! Die Privatsphäre der Familie zählt mehr!
Hier mein Votum zur Motion „Förderung und Unterstützung der frühen Sprachförderung in Kinderkrippen, Tagesfamilien und Spielgruppen“, Kantonsratssitzung vom 8. April 2013:

Über die Privatsphäre von Familien

Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Frau Regierungsrätin
Liebe Kolleginnen und Kollegen

Es ist erwiesen: Was die Kinder in Sprache und Mathematik mitbringen, wenn sie in eine nächste Schulstufe oder Klasse kommen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, Verstehen, ist der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Wer viel weiss, kann neuen Stoff besser einbetten und lernen und stolpert nicht an Unverstandenem aus der Vergangenheit.

Es scheint deshalb sinnvoll schon vor dem Schuleintritt die Kompetenzen der Kinder zu trainieren, damit sie einen erfolgreichen Start haben. Dies fordert diese Motion, damit „Vorwärtskommen“ in Hochdeutsch und Mathe vom ersten Schultag im Alter von vier Jahren an höchste Pflicht ist und zur Bedingung für Erfolgserlebnisse wird!

Meine Damen und Herren, es geht aber auch anders. Nämlich, dass man im Kleinkind-Alter das tut, was zum Kleinkind-Alter gehört. Für die eigentliche Schulvorbereitung hat sich der Kindergarten bestens bewährt. Schulvorbereitung und nicht schon Schule ist erst recht dessen Hauptaufgabe, nachdem die Bevölkerung der Grundstufe eine deutliche Absage erteilt hat. Im Kindergarten besteht Raum, Kindern, die im Vergleich mit Gleichaltrigen einen sehr grossen Rückstand im Sprachverständnis und Sprechen haben, zu fördern. Auch der Reihenuntersuch in Logopädie findet bekanntlich im Kindergarten statt. Noch früher ist ein staatliches Angebot nicht nötig.

Im Kleinkind-Alter sind andere Kompetenzen nämlich viel wichtiger als das Sprachenlernen. Sprachenlernen in der Erstsprache – und diese ist für die meisten Kinder, auch in Krippen, Deutsch – Sprachenlernen folgt nebenher. Wichtiger sind ein gutes Grundvertrauen, sind liebende Bezugspersonen, Erfolgserlebnisse in vielen anderen Dingen, beim Spielen. Wer so in die Welt starten darf, ist bestens gerüstet, besser, als durch x-fache Lernangebote „verzettelte“ junge Menschen.

Auch gegenüber Migrantenfamilien wäre es nicht Recht, dass der Staat ihnen die Kinder zur Frühförderung wegnimmt.

Denn irgendwo muss der Staat Grenzen haben. Nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch zur Wahrung der Privatsphäre der Familien.

Wir sind und wollen eine Gesellschaft, die auf Eigenverantwortung beruht. Wenn Eltern diese Eigenverantwortung nicht wahrnehmen, kann unsere Lösung nicht lauten, die Eigenverantwortung abzubauen, denn so würde sie noch weniger wahrgenommen, auch nicht von solchen, die sie wahrnehmen könnten. So versklavt das staatliche Angebot die Menschen. Frau Mäder geht mit ihren Vorstössen, auch mit diesem, immer wieder in diese Richtung.

Das Gegenteil ist das richtige Handeln, nämlich, dass, wer die Eigenverantwortung nicht wahrnimmt, auch Nachteile hat. Das gilt manchmal auch für Kinder, deren Eltern unverantwortlich handeln.

Angebote zum Deutsch lernen, bietet unsere Gesellschaft für die Kleinsten, mannigfach, für die grösseren sowieso. Deutschsprechende Kinder und Mütter trifft man im Babyschwimmen, im Muki-Turnen, auf dem Spielplatz, in der Spielgruppe, im Chrabbel-Gottesdienst, selbst in der Müsliburg im Glattzentrum, und, und, und… Es liegt an den Familien, solche Angebote zu suchen und zu nutzen.

Kurz: Der Staat hat hier die Finger aus dem Spiel zu lassen. Die Motion ist abzulehnen.