Verbuchung der BVK-Milliarden: Samichlaus, Osterhase, Rechtsstaat

Dass die Sanierung der BVK dringend und nötig ist, ist politisch unbestritten. Auch der dafür nötige Geldbetrag ist kein Gegenstand politischer Debatten. Hingegen die Frage, ob der Betrag aus dem dahinschmelzenden Eigenkapital des Kantons (also auf Kosten unserer Kinder) oder durch Einschränkungen in der laufenden Rechnung (also durch Sparmassnahmen) finanziert werden soll. Die SVP will zweiteres, alle anderen ersteres. Es kommt zu einer Volksabstimmung – die Regierung hält den Termin dafür nicht ein. Dazu ein Kommentar:

Weil die Sanierung der BVK ein dringendes Geschäft ist, musste die Sanierungsvorlage der BVK vom Kantonsrat im letzten Winter dringlich behandelt werden. Am 2. April 2012 hat der Kantonsrat beschlossen, die Kantonsrechnung um 1.6 Milliarden Franken zu belasten (die Regierung hat im Rechnungsjahr 2011 eine entsprechende, natürlich nicht budgetierte, Rückstellung belastet).

Ganz so dringlich wie die Regierung haben wir in der SVP-Fraktion dies nicht gesehen: Wir haben den Antrag gestellt, die Debatte über die Sanierung erst dann zu führen, wenn der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission zum Versagen der Behörden im BVK-Debakel (PUK BVK) vorliegt. Schliesslich muss klar sein, was falsch lief, bevor man neues Geld spricht und die Statuten der Kasse ändert. Nun, die Regierung und alle anderen Parteien lehnten unser Ansinnen ab. Die BVK-Sanierung sei eben dringlich. Ganz unwahr ist dies angesichts der prekären Unterdeckung der Kasse nicht.

Nicht gegen die Sanierung (natürlich muss die BVK saniert werden) sondern dagegen, wie 1.6 Milliarden des Sanierungsbeitrages in der kantonalen Rechnung einfliessen, hat darauf die SVP das Referendum ergriffen. Wir wollen, dass man den Betrag, welcher der Kanton zur Sanierung der BVK vor lauter Dringlichkeit im April 2012 den Rückstellungen 2011 belastet hat, wie jede andere Ausgabe auch, ordentlich in die Budgetierung so einrechnet, dass er erwirtschaftet werden muss. Das heisst, dass er zum „mittelfristigen Ausgleich“ der Kantonsrechnung zählt. Die Regierung will das nicht, da sie sonst sparen müsste.

Nachdem nun also die SVP das Referendum ergriffen hat, stellt sich die Frage des Abstimmungstermins. Es heisst in der Kantonsverfassung:

Art. 37
1 Gesetze, deren Inkrafttreten keinen Aufschub erträgt, können vom Kantonsrat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder sofort in Kraft gesetzt werden.
2 Wird das Referendum ergriffen, so findet die Volksabstimmung innert sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes statt.

Leider – für die Regierung – würde nun dieser Abstimmungstermin (innert sechs Monaten) auf den 25. November fallen. Dies wäre etwa einen Monat nach Veröffentlichung des Berichtes der PUK BVK, den wir im Oktober erwarten. Und dieser Bericht könnte Wasser auf unsere Mühlen im Abstimmungskampf sein, weil SVP-Kantonsräte damals nämlich Recht hatten, vor dem Debakel warnten und weder die Regierung noch alle anderen Parteien auf sie hörten. Pech für die Regierung – Verfassung ist Verfassung – ist eine Dringlichkeit gegeben, so muss die Abstimmung im November durchgeführt werden. So denkt der Bürger, der an den Rechtsstaat glaubt.

Doch, so ist es nicht. Am letzten Montag verkündete Regierungsrätin und Finanzdirektorin Ursula Gut dem Kantonsrat, das Geschäft, das am 2. April noch derart dringlich war, dass man für die wesentliche Statutenänderung und die eigentliche Sprechung von zwei Milliarden den Bericht der PUK BVK nicht abwarten könne, sei jetzt nicht mehr dringlich. Man wolle zuerst den Bericht der PUK BVK debattieren und auswerten. Deshalb gelte Frist von sechs Monaten nicht.

Nun drei Fragen:

  • Wieso soll der PUK BVK-Bericht über das Versagen der Behörden-Aufsicht im BVK-Debakel materiell wesentlich sein, für die Art, wie der Sanierungsbeitrag des Kantons verbucht wird?
  • Wenn der PUK BVK-Bericht nun abgewartet werden muss, wieso war dies am 2. April noch nicht der Fall?
  • Die Budgetdebatte ist im Dezember – wäre es nicht klug, vorher zu wissen, ob noch 1.6 Milliarden gespart werden müssen oder nicht?

Die Antworten machen klar: Die Regierung will nicht. Sie hat nun zwei Möglichkeiten, um zu erreichen, dass die Abstimmung nicht am 25. November durchgeführt wird: Entweder den Verfassungsbruch oder das willkürliche Schummeln mit den Dringlichkeiten. Welchen Weg sie auch wählt: Der Bürger, der an den Rechtsstaat glaubt, hat sicher auch schon den Samichlaus und Osterhasen gesehen.

Matthias Hauser