Nein zur Prima-Initiative (Grundstufe)

Grundstufe ist wie Schokolade: Viel Kalorien, schön verpackt, macht zufrieden und hat schädliche Folgen

Votum zur Kantonsratsdebatte zur Prima-Initiative, 2. Juli 2012

In der letzten Woche ging ein Schwall von Bettelbriefen und Emails von Grundstufengemeinden in meinem sonst eher ruhigen Heim ein, ich möge doch für den Gegenvorschlag stimmen. Diejenigen, die diese Briefe geschrieben haben, wollen nicht anderes als Kantonsfinanzen abzocken:

Im Grundstufeversuch – und auch mit der Prima-Initiative und dem Gegenvorschlag, werden in den Kindergartenjahren und der ersten Klasse mehr Lehrpersonen benötigt. An einer Grundstufe unterrichten 1.5 Lehrpersonen die gleiche Kinderzahl, wie am Kindergarten eine Lehrperson. Keine Frage, dass deshalb die beteiligten Lehrpersonen zufrieden sind. Gleicher Lohn, weniger Stress. Und die Kinder: Die Lehrerin hat mehr Zeit.

Diejenigen 87 Kindergartenklassen – eine kleine Minderheit von allen – die diese Privilegien heute erhalten, haben Angst, sie zu verlieren und wieder so mit Lehrerstellen dotiert zu werden, wie alle anderen auch.

Dabei ist es eine Lüge und durch Studien widerlegt, wenn jemand behauptet, die Kinder in Grundstufen lernen besser oder mehr oder effizienter. Tatsache ist, dass die Kindergartenkinder in ihrem ersten Primarschuljahr fast den ganzen Schulstoff, den die Grundstufenkinder schon zwei Jahre früher, im Alter der Erstkindergärtner, lernen könnten, aufholen. Nach dem zweiten Primarschuljahr sind die Kinder aus der Grundstufe überholt.

Nochmals: Die Kindergärtner holen nicht im zweiten, wenn die Vergleichskinder der Grundstufe auch wieder in Jahrgangsklassen unterrichtet werden auf, sondern die Jahrgangsklasse arbeitet so effizient, dass die zwei Jahre Vorsprung der Grundstufe in nur einem Jahr wettgemacht werden, und dies, obwohl die Klassen von einer halben Stelle weniger geführt wird, als die gleichaltrigen der Grundstufe. Jahrgangsklassen sind somit viel effizienter als Grundstufenklassen. Und kostengünstiger.

Weshalb werden dennoch Bettelbriefe für die Prima-Initiative oder den Gegenvorschlag verschickt? Weil die Beteiligten

  1. mehr Mittel vom Kanton erhalten, als es Jahrgangsklassen haben, dieses Privileg wollen sie nicht verlieren,
  2. weniger Stress im Schulalltag haben und sich deshalb zufrieden fühlen,
  3. sich ein modernes Image zugelegt haben (Grundstufe), das sie nicht verlieren wollen,
  4. ein bevorstehender Systemwechsel, den sie durchführen müssten, falls heute Initiative und Gegenvorschlag abgelehnt würde, mühsam ist. Sie sind dazu zu bequem.
  5. ideologische Gründe haben: Es geht ihnen gar nicht um das effiziente Lernen, sondern um die Individualisierung: Die Förderung der Selbständigkeit und Selbstkompetenzen erachten sie als wichtiger für die Schule als Fachkompetenzen.

Wenn sich Bequemlichkeit und die hohle Hand in unserem Kanton durch mehr Lehrerstellen und weniger Stress im Alltag auszahlen, so seien sie versichert, werden im Grossteil aller Gemeinden bald Grundstufenklassen eingeführt. Es ist unverantwortbar für eine lokale Schulbehörde, auf die Chance einer halben zusätzlichen Lehrerstelle in den ersten Schuljahren zu verzichten. Deshalb heisst auch der Gegenvorschlag, über den wir heute abstimmen, nichts anderes als eine breite Einführung der Grundstufe.

Es wird noch weitergehen: Die Bequemlichkeit mit mehr Stellen und weniger Effizienz wird Neider in der ganzen Primarstufe hervorrufen – bereits heute ist dies der Fall – und es wird gefordert werden, dass uneffiziente aber mit Finanzen gut dotierte Grundstufensystem auszudehnen, bis zur 6. Klasse. Das nennt sich altersdurchmischtes Lernen, ADIL. Und Gemeinden, die es betreiben, machen durch unzufriedene Kinder und Eltern auf sich aufmerksam, weil sie in der fünften und sechsten Klasse langsam merken, dass sie zu wenig effizient lernen. Und weil sie es komisch finden, dass sie, um sich im Durcheinander aller individuellen Lerntempi, die im Schulzimmer versammelt sind, konzentrieren zu können, ein Gehörschutzgerät während dem Unterricht benützen müssen.

Und so wird, wegen den Versuchsklassen, die nicht zurück wollen, bald unser Bildungssystem teurer und nachweislich weniger effizient.

Welches ist die Antwort auf die Grundstufenbefürworter-Bettelbriefe? Würde es sich bei den Bettelnden um ein Kind handeln, dass immer mehr Schokolade möchte, also viel Kalorien, angenehm verpackt aber mit schädlichen Folgen – ziemlich vergleichbar mit der Grundstufe – dann würden Sie Nein sagen, ohne zu zögern.