Musikschulgesetz: Trojanisches Pferd für gewerkschaftliche Anliegen

Staatliche Anerkennung, mehr Beiträge, mehr Verdienst: Die Musikschulen und der Fachverband diplomierter Musiklehrkräfte hoffen zur Durchsetzung dieser Anliegen auf ein Zürcher Musikschulgesetz, welches für die Förderung der musischen Bildung unnötig ist. Gottlob empfiehlt die Kommission für Bildung und Kultur des Kantonsrates (KBIK) darauf nicht einzutreten.

Der Kanton Zürich war in der Förderung der Musikbildung schneller als der Bund. Bereits mit der Musikschulverordnung von 1989 und mit dem Volksschulgesetz von 2005 erfüllte er die Forderungen, welche erst 2012 Eingang in die Bundesverfassung fanden. Nämlich dass jedes Kind Zugang zu Musikunterricht haben muss und Kanton und Gemeinden Beiträge an Musikschulen leisten (in Zürich zahlen der Kanton 3 Prozent, die Gemeinden 56 und die Eltern 41 Prozent). Das Kulturförderungsgesetz des Bundes sieht vor, dass Elternbeiträge nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erhoben werden müssen. Auch dazu braucht Zürich keine eigenen Paragrafen. Die Aussage, ohne Musikschulgesetz erfülle der Kanton Zürich den Auftrag zur Förderung der Musikbildung aus der Bundesverfassung nicht, ist falsch.

Doch die KBIK hat sich nicht nur gegen ein neues Musikschulgesetz entschieden, weil es unnötig ist. Sondern auch, weil das Gesetz in die falsche Richtung geht. Einige Beispiele:

  • Die Musikschulverordnung regelt heute Bedingungen, unter welchen eine Musikschule finanzielle Beiträge von Kanton und Gemeinden erhält. Im neuen Gesetz sind ähnliche Bedingungen geregelt, aber unter denen die Bildungsdirektion eine Musikschule anerkennt, welche dann finanzielle Beiträge erhält. Der Begriff “anerkennen“ kommt in der heutigen Verordnung nicht vor. Folge davon: Es hätte neu eine staatlich anerkannte Ausbildung gegeben und eine Andere. Zum Ausdruck kommt dies auch, indem das neue Gesetz explizit den Zugang zu den Fachhochschulen (Musikstudium) aus den anerkannten Musikschulen verlangt hätte.
    Heute kann auch ein Musiker, eine Künstler, der nebenbei privat Musikunterricht erteilt, eine gleichwertige Ausbildung anbieten, ebenso Musikvereine. Das wäre in Zukunft nicht mehr garantiert gewesen. Heute besteht der Unterschied nur im finanziellen Beitrag der öffentlichen Hand.
  • Musikschulen, die einen Staatsbeitrag erhalten, werden heute von Gemeinden geführt, sind Teil der öffentlichen Hand. Mit dem Musikschulgesetz wären daraus eigenständige Institute geworden, die allerdings dazu viele Bedingungen hätten einhalten müssen, um anerkannt zu werden.
  • So zum Beispiel die pädagogische Qualifikation der Musiklehrpersonen. Dies schliesst wieder den Künstler aus, der sich einfach ein Zubrot mit Musikstunden verdienen will.
  • Entsprechend forderten die diplomierten Musikpädagogen zusammen mit den Musikschulen, dass sie gemäss den Lohnklassen der Volksschule entschädigt würden.
  • Musikschulen unabhängiger von den Gemeinden gemacht, mehr Mittel generiert oder den freien Musikstunden-Markt unterbunden: Dies hätte die Erhöhung des Finanzierungsanteils des Kantons an den Musikschulen von 3 auf 20 Prozent gebracht. Eine Vertreterin des Verbandes Zürcher Musikschulen meinte wörtlich, bei Kantonsbeiträgen unter 10 Prozent könne man auf das Gesetz verzichten. Die KBIK-Mehrheit wäre bei 3 Prozent geblieben. Wohlan.

Fazit: Beim kantonalen Musikschulgesetz geht es gar nicht um die sowieso garantierte Musikausbildung. Vielmehr ist es ein trojanisches Pferd für gewerkschaftliche Anliegen. Hoffen wir, dass der Kantonsrat der Empfehlung seiner KBIK folgen wird.

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