Integriert stigmatisiert?

Verhaltensaufällige Schüler in der Klasse lassen und ab und zu mit einem Heilpädagogen betreuen (Integrative Förderung), oder wie früher in Kleinklassen ausbilden?
Der Kantonsrat hat eine Parlamentarische Inititiative (PI) vorläufig unterstützt (mit 76 Stimmen), welche den Schulgemeinden ermöglichen soll, weniger Integrative Förderung (IF)  in den  Schulen anzubieten und dafür Kleinklassen zu bilden.

Kleinklassen für Verhaltensauffällige ermöglichen

Den Gemeinden sollte ermöglicht werden, für Kinder, die noch keine Sonderschulung benötigen aber beispielsweise wegen Verhaltensauffälligkeit eine Integrative Förderung erhalten, Kleinklassen zu finanzieren und sie so von den Regelklassen, wo sie für Störungen sorgen, zu separieren. Gemeinden könnten sich auch zusammentun und gemeinsam solche Kleinklassen führen – dies hat über Jahrzehnte gut funktioniert, ist heute aber nicht mehr möglich, weil die Integrative Förderung im Volksschulgesetz zwingend vorgeschrieben ist und sogenannte Vollzeiteinheiten beansprucht, also Finanzen, die dann für die Bildung von Kleinklassen fehlen. Eine Schulgemeinde soll, wenn sie will, künftig ihre Mittel so einteilen dürfen, dass es für Kleinklassen reicht.

Anzahl sonderpädagogischer Fälle durch Integration nicht gesenkt

Der heutigen Regelung im Gesetz liegt sowieso ein Missverständnis zu Grunde: Schülerinnen und Schüler sollten in den Regelklassen möglichst lange integriert bleiben ist ein Grundsatz, welcher im neuen Volksschulgesetz festgeschrieben wurde, weil man die Anzahl sonderpädagogischer Massnahmen reduzieren wollte. So argumentierte damals beispielsweise die FDP – Integration hatte für sie keine ideologische Komponente, sondern man wollte einfach eine gewisse Vorsicht und Sparsamkeit der ausufernden Sonderpädagogik entgegensetzen. Und man wollte auch vermeiden, dass Kinder zu früh als sonderpädagogischen Fälle abgestempelt werden.

Diese Hoffnung ist nicht erfüllt worden. Es ist im Gegenteil eingetroffen, was Skeptiker wie aus der SVP schon damals befürchtet haben: Die Anzahl Kinder mit Sonderpädagogischen Fördermassnahmen hat zugenommen.Und stigmatisiert werden sie heute nicht durch den Besuch einer Kleinklasse, sondern durch ihr Verhalten, integriert in Regelklassen.

Es sind mehr Fälle, als es früher Kinder in Kleinklassen gab. Irr ist, dass der Kanton in der Verordnung sogar ein Mindestanteil pro Gemeinde festlegt, ein Mindestpensum der Integrativen Förderung. Die Anzahl Lehrpersonen, die für die Sonderpädagogik zuständig sind, hat seitdem zugenommen. Die Anzahl Heilpädagogen hat zugenommen – es gibt seit einigen Jahren ein konstanter Mangel an ihnen – entsprechend dem allem sind auch die Kosten gestiegen.

Integration hat eben nicht dazu geführt, dass man Kinder möglichst lang in einer Regelklasse belässt, sondern dazu, dass man noch viel früher Massnahmen beschliesst, sogenannt „niederschwelliger“, gerade eben weil die Kinder trotz den Massnahmen in der Klasse bleiben können.

Das führt noch zu einem weiteren Effekt: Als Separierungsmassnahme, wenn ein Schüler oder eine Schülerin wirklich nicht mehr tragbar ist im Klassenverband, wird heute in Fällen die Sonderschulung angestrebt, in denen früher eine Kleinklasse reichte. Deshalb nimmt die Anzahl Sonderschüler seit der Einführung des neuen Volksschulgesetzes ebenfalls zu.

Tendenz umkehren – Separierung garantiert für Vernunft

Die vorliegende PI würde Gemeinden und Schulen, welche diese Tendenzen umkehren wollen, die Mittel liefern dazu.

Man könnte statt integrativ fördern leichte Fälle, die heute bereits Förderunterricht erhalten, einfach in der Klasse Kind sein lassen. Ohne Heilpädagoge. Auch Lernschwache, die sich nicht störend verhalten, werden problemlos integriert bleiben: Man hätte als normale Lehrperson den Raum und die Energie dazu, weil nämlich happige Fälle, die heute in vielen Klassenverbänden massiv Energie kosten (der Heilpädagoge ist ja nur in wichtigen Fächern mit dabei), dann in die Kleinklasse für Verhaltensauffällige zu einer heilpädagogisch spezialisierten Lehrperson gehen, die ihnen Zukunftschancen vermittelt.

Die Separierung garantiert geradezu, dass solche Massnahmen nicht zu früh, nicht leichtfertig beschlossen werden, und zum anderen, dass leichte Fälle nicht problematisiert werden und dass die Schwelle für Fördermassnahmen höher gesetzt wird. Das reduziert den Aufwand für die Sonderpädagogik.

Ermöglichen Sie diese Entwicklung und unterstützen Sie diese PI!