Differenzierte Lehrerbildung

Die Lehrerbildung im Kanton Zürich ist gut organisiert. Ein Grundjahr am Seminar für Pädagogische Grundausbildung (SPG) dient nicht nur der Eignungsabklärung und dem Stufenentscheid (Primar-, Real- oder Seklehrer), sondern vermittelt bereits fachliche und pädagogische Grundlagen. Anschliessend wird am PrimarlehrerInnen-Seminar (PLS), am Real- und Oberstufenlehrerseminar (ROS) und an der Sekundar- und Fachlehrerausbildung (SFA) pädagogisch, didaktisch und fachlich differenziert ausgebildet. Die jungen Lehrkräfte haben es später mit unterschiedlichen Kindern, Klassen, Lernzielen und erzieherischen Anforderungen zu tun. Die Kinder wurden aus bestimmten Gründen in bestimmte Niveaus eingeteilt (auf der Sekundarstufe) und haben ein Recht auf diejenigen Lehrkräfte, die für sie ausgebildet sind. Darauf hat die Lehrerbildung Rücksicht zu nehmen.

Schwachstellen im Gesetz

Die heutige Koordination zwischen den Lehrerbildungsinstitutionen und verschiedenen Instituten der Universität (z.B. dem Pädagogischen Institut) muss verbessert werden. Das vorliegende «Gesetz über die Pädagogische Hochschule» geht aber zu weit. Folgendes sind die Kritikpunkte:

  • Die Abschaffung der Unterscheidung zwischen dem bisherigen Real- und Oberschullehrer sowie dem Sekundarlehrer verunmöglicht eine fachlich und pädagogisch differenzierte Ausbildung der Lehrkräfte. Im Schulzimmer findet gleichzeitig der gegenteilige Trend statt: Vermehrt muss der Unterricht dem einzelnen Kind angepasst werden, um ein als wertvoll erfahrenes Lernen zu ermöglichen.
  • Dies führt auch dazu, dass auf der Sekundarstufe keine Lehrkräfte mehr zur Verfügung stehen werden, die dazu ausgebildet sind, eine Klasse in allen Fächern zu führen. Obwohl so besser auf die steigenden erzieherischen Aufgaben in den grundlegenden Niveaus reagiert werden könnte.
  • Damit wird die Entscheidungsfreiheit der Gemeinden zwischen Dreiteiliger- und Gegliederter Sekundarschule zur Farce. Die Lehrkräfte werden nur nach den Erfordernissen der Gegliederten Sek ausgebildet.
  • Die Fächergruppenlehrkräfte (Sekundarstufe) können (und werden) sich auf fünf Fächer beschränken. Langfristig müssen viele Lehrkräfte Fächer unterrichten, zu denen sie nicht ausgebildet wurden: Wie Schlüssel und Schloss sollte die Fächerkombination einer jungen Lehrkraft den Anforderungen der freien Stellen entsprechen. Dies dürfte mit fünf Fächern in beliebiger Kombination kaum je der Fall sein. Es werden sich «Favoritenfächer» herausbilden und solche, die nur noch von wenigen studiert und unterrichtet werden wollen. Damit wird der Lehrplan langfristig dem Lustprinzip unterworfen.
  • Diejenigen, die bisher Real- und Oberschullehrer studierten, werden plötzlich mit fachwissenschaftlichen Anforderungen universitären Niveaus konfrontiert sein, die sie weder wünschen noch benötigen. Dies führt zu einer Nivellierung, was die Zusammenarbeit mit der Universität erschwert oder dem bisherigen Sekundarlehrerstudenten das Studium auf fachwissenschaftlichem Hochschulniveau verunmöglicht. Allgemein wird dadurch ein stofflicher Leistungsniedergang für die erweiterten Niveaus unterstützt.
  • Falls für die Ausbildung zum Kindergärtner oder zur Kindergärtnerin wie vorgesehen die Matura nötig würde, wird vielen jungen Menschen ein Beruf versperrt, zu dem die Matura ohnehin kein geeignetes Kriterium ist. Die Attraktivität der Diplommittelschulen und der Berufsmaturität darf nicht unnötigerweise gesenkt werden. Man soll nicht für jeden Beruf ins Gymnasium müssen.
  • Die heutige Lehrerbildung garantiert eine Vielfalt unterschiedlicher pädagogischer Ansichten. Wenn alle künftigen Lehrkräfte die Mühlen derselben erziehungswissenschaftlichen Teams durchlaufen, wird dies erschwert. Mit anderen Worten: Durch eine Pädagogische Hochschule würde auch pädagogischer Zentralismus gefördert. Dieser Verdacht wird durch andere Reformen im Bildungswesen (Professionelle Schulaufsicht) gestärkt.

Interessenspolitik (FDP, CVP) und demokratische Vergewaltigung (SP)

Das Haus der Bildung (Volksschulgesetz) ist vor dessen Dach (Lehrerbildungsgesetz) zu bauen, sonst wird man bei der Abänderung der Baupläne immer durch das fertige Dach im Korsett behalten. Genau diese «demokratische Vergewaltigung» dürfte einer der Hauptgründe sein, warum die SP das Gesetz unterstützt. Die SP setzte sich schon immer (ausschliesslich) für die Gegliederte Sekundarschule ein. Die Forderung nach der Maturitätsvoraussetzung für Kindergarten-Lehrkräfte assoziert die SP mit einer Maturiät im Sinne des Uni-Zugangs, nicht im Sinne einer Selektion. Die CVP muss ihren Regierungsrat stützen und die FDP schwatzt mit wenig Basiswissen ihrem Jean-Jacques Bertschi (Kommissionspräsident Lehrerbildungsgesetz) nach, geblendet von der ästhetischen Struktur (eine Fachhochschule statt fünf Lehrerbildungsanstalten). Bertschi verdient sein Brot als Unternehmensberater übrigens mit Aufträgen aus der Bildungsdirektion.

Wenn man nun weiss, dass im Hintergrund der SVP die aus Lehrkräften und Schulpflegerinnen und Schulpflegern bestehende Bildungskommission beratschlagend war und dass gerade die EVP, welche die SVP am Montag unterstützte, traditionell Lehrkräfte vertritt, so ist klar, auf wessen Seite am vergangenen Montag ehrliche Fachkompetenz im Vordergrund stand.

Es ist erfreulich und unserer Fraktion gebührt eine grosses Lob, dass sie sich, zusammen mit einem grossen Teil aller Lehrkräfte und Schulpflegen, für eine wahrhafte Bildung einsetzt.