Auf und Ab in der Drogenpolitik – Gassenzimmer?

Wieder einmal muss man feststellen, dass die Zürcher Regierung im Drogenbereich recht planlos und unüberlegt zu handeln scheint. Mitten in der zugegebenermassen im Moment ins Stocken geratenen Repression liebäugelt sie plötzlich wieder mit einem neuen Projekt.

Obwohl durch die jüngste für obdachlose Drogenkonsumenten durchaus harte Drogenpolitik erwiesen mehr Süchtige zum Entzug bereit wären, tendiert die Stadtregierung dazu, anstelle für die noch in der Szene Verbliebenen endlich genügend Therapieplätze zu schaffen, eine Entschärfung der Situation durch die Schaffung so genannter Gassenzimmer anzustreben. In diesen „Fixerstüblis“ könnten Drogen ungestraft konsumiert werden. Dass durch diese Bequemlichkeitsvermehrung die Motivation zum Entzug wieder sinken wird, hat die gute Stadtverwaltung schlichtweg aus ihren Gedanken ausgeklammert. Im Kreis 5 herrschen allerdings seit der Platzspitzschliessung tatsächlich unangenehme Verhältnisse, handeln tut not. Aber muss eine entsprechende Handlung ausgerechnet ein Schritt rückwärts sein? Wäre es nicht vernünftiger, durch einen Effort die nötigen Therapieplätze zur Verfügung zu stellen und durch Beibehaltung der konsequenten Zerschlagung der Szene die Abhängigen in dieser Entzugsfreude zu belassen? Stattdessen wollen einige Stadtparlamentarier nun Zimmer als Plätze für langsamen Selbstmord herrichten. Absurd. So gesehen sind diese Gassenräume als eine „tödliche Konforteinrichtung“ zu betrachten.

Vor allem Stadträtin Emilie Lieberherr, Vorsteherin des Sozialamtes, plädiert schon lange lauthals für die im Dezember 1990 vom Zürcher Stimmvolk abgelehnten Fixerräume und gilt daher als eine der Hauptverantwortlichen für die momentane Unsicherheit der Zürcher Räte. Eine Tolerierung des Drogenkonsums, wenn auch nur in entsprechenden Räumen, käme ganz klar einem Augen-, Ohren-, und Nasenzudrücken vor einer illegalen Handlung gleich und ist daher als faktische Liberalisierung desselben aufzufassen. Die Zürcher Verantwortlichen sind also nach wie vor unfähig, einen einmal eingeschlagenen Kurs konsequent zu verfolgen und mit den momentan nötigen Anstrengungen zur Lösung zu bringen. Kaum sind die ersten Ziele, gemeint ist damit die Aufhebung der Sogwirkung und der verwahrlosten Szene am Platzspitz, erreicht und kaum steht die Stadt vor einigen – finanziell überwindbaren – Problemen, wie dem Fehlen von Therapiemöglichkeiten, kaum hapert es etwas auf dem kurzen Weg der Repression liebäugelt man bereits wieder mit der Liberalisierung. Kein Wunder, dass sich die Szene vor der Platzspitzschliessung bei diesem ewigen inkonsequenten hin und her zwischen den verschiedenen Drogenpolitiken ständig vergrössert hat. Ist es wirklich nötig, zu jenen Zuständen zurückzukehren?

Ein Teil der jüngsten Drogenpolitik besteht darin, die Süchtigen ihren Heimatgemeinden zur Fürsorge zu übergeben, wo sie in geordneter Weise den entsprechenden Therapien zugeführt werden sollten. In einigen Gemeinden wurden deshalb Notschlafstellen und Unterkünfte organisiert oder zumindest geplant, leider werden diese heute noch nicht allzu oft benutzt und machen teilweise den Eindruck, vergebens errichtet worden zu sein. Durch die Schaffung von Fixerräumen in der Stadt, scheinen die Chancen, dass sich die Unterkünfte in den Heimatgemeinden jemals füllen werden, vollständig vernichtet zu werden.

Von der Infrastruktur her wären Gassenzimmer natürlich kein Problem und, das ist ihr Vorteil, eine durchaus billige Lösung, würden doch einige der heute bestehenden Kontakt- und Anlaufstellen, in welchen wenigstens offiziell ein Konsumverbot hochgehalten wurde, zu entsprechenden „Spritzräumen“ umfunktioniert, wobei wieder einmal eine Zivilschutzanlage – völlig zweckentfremdet – als Ersatz für die Anlaufstellen bereits herhalten musste. (Helvetiaplatz)

Eine andere, etwas internationalere Optik würde der Stadtregierung ganz bestimmt auch nicht schaden: Ist ihr bewusst, dass sie durch die Einrichtung von Fixerräumen den Konsum eines Produktes toleriert, welches aus einer „Firma“ stammt, die nur schon in Kolumbien für jährlich an die 12000 Morde verantwortlich ist?