Abbau der Volksrechte in der Schulorganisation

Votum zu meiner Motion  „Abbau der Volksrechte in der Schulorganisation“.

Tatsache ist, dass das kantonale Volksschulgesetz im §7 einen sinnvollen Rahmen für die Organisation der Sekundarstufe vorschreibt. Im §42 definiert das Volksschulgesetz die Festlegung der Organisation und Angebote der Schule als Aufgabe der Schulpflege.

Meine Damen und Herren, in der kantonalen Volksabstimmung vom 28. September 1997, also erst kürzlich, wurden die Schulgemeindeversammlungen, nicht nur die Behörde, beauftragt, ihre Organisationsform der Oberstufe zu wählen und in den Gemeindeordnungen festzuhalten. Es wurden in und von den Gemeinden Informationsabende gehalten, Debatten geführt, es wurde abgestimmt. Die Praxis – die Klassengrösse und die Anzahl Lehrpersonen – machten Anpassungen des gewählten Modells natürlich unumgänglich, aber nur Anpassungen.

In der Weisung zum 2003 abgelehnten ersten Volksschulgesetzes stand tatsächlich, dass mit dem §42 die Schulpflegen legalisiert würden, in der Organisation der Oberstufe künftig selber Änderungen vorzunehmen. Es stand aber auch, dass geltende Modelle beibehalten werden könnten.

In der Beratung zum neuen Volksschulgesetz, das ja angenommen wurde, war dieser Punkt aus dem § 42 kein Thema mehr. Entsprechend der alten Weisung konnte man davon ausgehen, dass die Oberstufenmodelle nicht zur Disposition gestellt würden. Gute Demokraten rechnen auch nicht damit, dass ein Gesetz geschrieben wird, um ein Volksrecht, nämlich die Festlegung der grundlegenden Oberstufenorganisation, abzuschaffen. Dass für Detailfragen, zum Beispiel ob ein geführtes Niveau vorübergehend mit einem anderen zusammenzulegen sei, Detailfragen also, die manchmal sogar jährlich zu regeln sind, nicht jedes Mal ein Volksentscheid notwendig wäre, sprach sogar für den § 42, das will ich mit dieser Motion auch nicht ändern.

Erst in Kombination mit der neuen Volksschulverordnung, auf die der Kantonsrat keinen Einfluss mehr hatte und die so nicht vorherzusehen war, entfaltet der § 42 des VSG eine – ich würde sagen – hinterhältige Wirkung. Die Volksschulverordnung zwingt neu die Schulgemeinden ein einheitliches Modell der Oberstufe zu wählen. In der Stadt Zürich, in der Stadt Winterthur, in Regensdorf und noch in einigen anderen Städten existierten nämlich erfolgreich beide Oberstufenmodelle, die Gemeindebevölkerung hatte das so eingerichtet. In diesen Gemeinden werden also die Schulpflegen nicht nur durch das Volksschulgesetz ermächtigt, sondern durch die Volksschulverordnung gezwungen, mit einem Behördenentscheid den einstigen Volksentscheid zu ändern. Mehr oder weniger freudig, je nach Gemeinde, übergehen sie nun ihre Bevölkerung. Die Stadt Zürich stellt aus diesem Grund im kommenden Jahr, ihre ganze Oberstufe um, in sechs von sieben Schulkreisen gegen den1998 gemessenen Willen des Gemeinderates und der Bevölkerung. Meine Damen und Herren, und dies, kurz bevor im Kanton das Thema Reform der Oberstufe neu andiskutiert wird. Das ist Wahnsinn.

Ich empfehle ihnen diese Motion zu überweisen.

Entweder sind sie, wie ich, der Meinung, dass es nicht geht, via einer trickreich arrangierten Kombination von alter Weisung, neuen Paragraphen und unbekannter Verordnung Grundlagen zu schaffen, um einstige Volksentscheide umzustossen. Nur schon deswegen müsste §42 korrigiert werden.

Oder, auch wenn sie meine Ansicht zu den Volksrechten nicht teilen, sind zumindest der Meinung, dass die Umstellung der Oberstufen in Winterthur und Zürich und anderen Gemeinden die heute zwei Modelle haben, noch warten soll, bis der Reformprozess der Oberstufe, welcher vom Kanton nun erst begonnen wird, als eines der Resultate aufzeigt, wohin die Reise gehen soll. Es kann nicht sein, dass wir aufgrund der Paragraphenlage die Behörden zwingen, sich für eine von momentan ca. dreissig möglichen Richtungen zu entscheiden, bevor die kantonale Reformdiskussion den Wegweiser setzt.

Die Überweisung der Motion ist ein deutliches Signal dafür, dass mit der Umorganisation der Oberstufe noch zugewartet werden soll bis für den ganzen Kanton ein Entscheid verlangt wird. Ein “Hin- und her“ der Oberstufe macht keinen Sinn und schadet den Schulen nicht nur finanziell, sondern auch ganz konkret im Schulbetrieb. Der Ruf nach Konsoldierung im Volksschulwesen höre ich in jüngster Zeit von allen Parteien – Tun sie, was sie rufen!